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Einige Worte vorweg
Ich weiß, ich weiß. Das Wort “Choleriker” ist in unserem Sprachraum so negativ behaftet, dass die meisten davor zurückschrecken. Oder es gar als eine Art Schimpfwort nutzen. Ursprünglich wurde es allerdings differenzierter genutzt. Heute sind vor allem die negativen Assoziationen übrig geblieben. Die Charakterzüge von cholerischen Personen, die vor allem hervortreten, wenn der Mensch eben nicht in Balance ist. Ich möchte dich einladen deine Definition zu erneuern. Als ob du das Wort “Choleriker:In” noch nie gehört hast und es hier und heute ganz neu kennenlernst. Schließ deine Augen, atme tief durch und mit dem Ausatem lass deine Vorstellung davon, wer oder was eine Choleriker:In ist, einfach los.
Einleitung
Fühlst du dich manchmal innerlich getrieben? Als würde ein Motor in dir arbeiten, der nicht zur Ruhe kommt? Spürst du ein starkes inneres Feuer – das dich nach vorne bringt, dich aber auch erschöpfen kann?
Wenn du dich darin wieder erkennst, bist du nicht allein. Viele Personen – vor allem zwischen 30 und 40 – erleben genau diese Spannungen. Auf der einen Seite wollen wir kraftvoll und aktiv sein. Auf der anderen Seite merken wir, wie wichtig es ist, zur Ruhe zu kommen und auf uns zu achten.
Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) beschreibt vier Grundtypen – sogenannte Temperamente. Einer davon ist das cholerische Temperament. Menschen mit diesem Temperament tragen viel Energie in sich. Aber sie müssen auch lernen, mit dieser Energie achtsam umzugehen.
Vielleicht liest du auch diese kurze Beschreibung und erkennst dich überhaupt nicht wieder. Und du denkst dir: pfff. Betrifft mich nicht. Muss ich mich nicht mit beschäftigen. Dann klicke doch gern weiter und vielleicht findest du dich in einer anderen Beschreibung wieder.
Gleichzeitig habe ich – nicht nur in meinem Arbeitsumfeld – die Erfahrung gemacht, dass es mir in meinem Leben hilft, wenn ich die Menschen in meiner Umgebung besser nachvollziehen kann. Und gerade in Temperamente, die dem meinen sehr fern stehen, kann ich mich schwerer einfühlen. Daher bemühe ich mich in diesen Blogbeiträgen eine Brücke zu schlagen. Eine Brücke für mehr Verständnis untereinander. Für eine bessere Kommunikation. Und mehr Toleranz.
Daher erfährst du in diesem Beitrag:
- wie sich das cholerische Temperament zeigt,
- wie diese Veranlagung besser verstanden werden kann,
- und wie das innere Gleichgewicht gestärkt werden kann.
Lass uns gemeinsam eintauchen in eine alte Heilkunst, die auch heute nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Inhaltsverzeichnis
- Die Choleriker:In in der Traditionellen Europäischen Medizin
- Das cholerische Temperament – Merkmale und Charaktereigenschaften
- Stärken und Herausforderungen
- Choleriker:innen und ihre Gesundheit
- Ernährung und Lebensweise zur Balance des cholerischen Temperaments
- Bewegung hält das Feuer am Leben
- Impuls zum Selbst-Erspüren
- Zusammenfassung
1. Die Choleriker:In in der Traditionellen Europäischen Medizin
Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) ist ein altes, über Jahrhunderte gewachsenes Medizinsystem. Sie hat ihre Wurzeln bei Hippokrates und Galen, berühmten Ärzten der Antike. Die TEM ist vergleichbar mit der Traditionellen Chinesischen Medizin oder dem Ayurveda – nur eben aus unserer eigenen europäischen Kultur heraus entstanden.
Im Mittelpunkt steht die Idee der vier Körpersäfte:
- Blut
- Schleim
- Schwarze Galle
- Gelbe Galle
Diese Säfte stehen in Verbindung mit den vier Temperamenten:
- Sanguinisch (lebhaft, optimistisch)
- Phlegmatisch (ruhig, gelassen)
- Melancholisch (tiefgründig, nachdenklich)
- Cholerisch (dynamisch, feurig)
Jeder Mensch trägt alle vier Säfte in sich – aber oft ist einer besonders stark ausgeprägt. Der cholerische Typ wird durch die Gelbe Galle und das Element Feuer geprägt. Wie so oft gibt es zwei Seiten der Medaille. Feuer steht für: Wärme, Energie, Antrieb, Tatkraft. Doch wenn das Feuer zu stark brennt, kann es auch überhitzen, verbrennen oder eben erschöpfen.
„Sie sind mutig, leidenschaftlich und zielstrebig. Doch ihre Flamme kann auch zerstören, wenn sie nicht gehütet wird.“ – Galen
Vielleicht kennst du das auch von dir? Oder du hast es an Menschen in deiner Umgebung beobachtet?
2. Das cholerische Temperament – Merkmale und Charaktereigenschaften
Psychologische Merkmale
Wenn du ein cholerisches Temperament hast, erkennst du dich vielleicht in diesen Punkten wieder:
- Du willst etwas bewegen.
- Du hast viele Ideen und willst sie schnell umsetzen.
- Du bist sehr direkt, manchmal auch fordernd.
- Du packst an – auch wenn andere noch überlegen.
- Du bist schnell ungeduldig.
Choleriker:innen sind Menschen mit klarem Willen. Sie denken schnell, entscheiden schnell und handeln schnell. Das kann eine große Stärke sein – aber auch zur Belastung werden, wenn der Körper oder die Seele nicht mehr mitkommen.
In alten TEM-Schriften wurden Choleriker:Innen oft mit dem Sommer verglichen:
- heiß,
- trocken,
- voller Leben,
- aber auch gefährlich, wenn es zu lange nicht regnet.
Die Klarheit, Struktur und der Durchsetzungswille können sich auch körperlich zeigen. Oft ist der Körperbau athletisch-kräftig in einer Sanduhr oder V-Form. Knochen und Sehnen sind sichtbar, die Linien eher kantig und kräftig. Sei es Nase, Kinn oder Wangen. Auch die Lippen sind eher schmal, aber breit. Oft sind die Haare dünn und vielleicht lockig. Gern schützt sich der Körper mit vermehrter Körperbehaarung.
Körperliche Merkmale können zudem sein:
- trockene oder warme Haut
- schneller Herzschlag
- wenig Bedürfnis nach Schlaf, oft unruhiger Schlaf
- manchmal zu viel Anspannung in Muskeln und Nacken
Häufig sagen Betroffene:
„Ich kann einfach nicht abschalten.“ „Ich fühle mich oft wie unter Strom.“ „Ich habe hohe Ansprüche – an mich und andere.“
Kommt dir das bekannt vor?

3. Stärken und Herausforderungen
Stärken
- Du kannst andere begeistern.
- Du hast Führungsqualitäten.
- Du setzt Dinge in Bewegung, während andere noch zögern.
- Du bist mutig und klar in deiner Kommunikation.
- Du hast ein gutes Gespür für Situationen.
Viele Frauen mit diesem Temperament haben Karriere gemacht, führen ein Unternehmen oder eine Familie – oder beides gleichzeitig. Sie haben in ihrem Leben oft schon viel geleistet. Doch das bringt uns auch zu den Schattenseiten.
Herausforderungen
- Perfektionismus und zu hohe Ansprüche
- Gereiztheit, Wutausbrüche, Ungeduld
- Stressbedingte Beschwerden wie Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Magenprobleme
- Schwierigkeiten, „loszulassen“ und Schwächen zuzulassen
Vielleicht hast du gelernt, stark zu sein – für andere, für die Familie, für deinen Beruf. Doch innere Stärke entsteht auch durch Ruhe, Weichheit und Annahme.
„Diejenigen, bei denen die Gelbe Galle dominiert, sind von Natur aus hitzig, neigen zu Zorn und sind mutig in ihrem Handeln. Ihre Haut erscheint oft leicht gelblich, was auf die Präsenz der Galle hinweist. Sie sind entschlossen und handeln schnell, was sie zu effektiven, aber manchmal ungeduldigen Individuen macht.“ – Galen

5. Choleriker:innen und ihre Gesundheit
Wie alle Temperamente haben auch die Choleriker:Innen die Tendenz zu bestimmten Beschwerden. Weniger ist hier relevant, konkrete Krankheitsbilder zu nennen. Vielmehr geht es um die Qualität der Erkrankungen. Sie sind häufig heiß, heftig und trocken. Denn diese Qualitäten sind es, die bei fehlender Balance Überhand nehmen. So finden sich Entzündungen, hormonelles Ungleichgewicht, Stoffwechselproblematiken und Reaktionen auf übermäßigen Stimulanzienkonsum. Denn gern treiben sich Choleriker:innen durch Kaffee, Nikotin, Alkohol und Drogen zusätzlich an.Leberthemen können auch häufig sein – es heißt, die Leber ist das Organ der Emotion Wut. Wenn dein inneres Feuer zu stark lodert, könnten daher folgende typischen körperlichen Probleme auftreten:
- Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Gastritis)
- Gallenprobleme
- Verspannungen im Rücken, Nacken oder Kiefer
- Schlafstörungen
- Herz-Kreislauf-Beschwerden und Bluthochdruck
Psychische Belastungen:
- Reizbarkeit
- das Gefühl, „nicht abschalten“ zu können bis hin zu Burnout
- innerer Druck, ständig etwas leisten zu müssen
Was hilft bei Stress?
- Atemübungen: Täglich 5–10 Minuten bewusst atmen – ruhig und tief.
- Naturzeit: Spaziergänge im Wald oder am Wasser beruhigen das Nervensystem.
- Achtsamkeit: Beobachte dich selbst – wann kippt deine Energie in Überforderung?
- Rituale: Feste Pausen einplanen – auch wenn es schwerfällt.
Kleine Erinnerung: Du darfst auch mal nichts tun. Du darfst weich sein. Das macht dich nicht schwach – im Gegenteil.
6. Ernährung zur Balance des cholerischen Temperaments
In der TEM spielt die Ernährung eine große Rolle. Sie hilft, dein inneres Feuer auszugleichen. Häufig genießen Choleriker:Innen scharfe und intensiv gewürzte Speisen. Und wie immer: solange du dich wohl fühlst – Go for it. Wenn jedoch das Ungleichgewicht überhand nimmt und sich störende Symptome zeigen, so kann eine Anpassung der Ernährung helfen. Ganz ohne Dogmen und der eigenen Intuition folgend gilt es den Zusammenhang zwischen deinem Essen und deinem Wohlgefühl zu erforschen.
Empfohlene Lebensmittel:
- Erfrischend & feucht: Gurken, Zucchini, Wassermelone, Birne
- Kühlend & beruhigend: Pfefferminztee, Zitronenwasser, grüner Tee
- Bitterstoffe (gut für Leber und Galle): Chicorée, Löwenzahn, Artischocken
- Milde Getreide: Dinkel, Hafer, Hirse
Besonders im Sommer und bei Beschwerden spüre in dich hinein, wie es sich für dich anfühlt, wenn du folgende Nahrungsmittel zu dir nimmst:
- Scharfe Gewürze (Chili, Pfeffer)
- Frittierte oder sehr fettige Speisen
- Alkohol, Kaffee, Nikotin
- viel rotes Fleisch oder Hartkäse
Nicht nur die Art der Lebensmittel kann ausgleichend wirken. Auch wie du sie zu dir nimmst. Bei großem Aktivitätsdrang kommt es häufig zum Essen zwischendrin. Bei Magen-Darm-Beschwerden oder Sodbrennen versuche einmal besonders langsam zu essen und dir bewusst Zeit zum Kauen zu nehmen. Hilfreich kann es sein das Besteck nach jedem Bissen zur Seite zu legen und erst wieder zu ergreifen, wenn der Mund wieder leer ist.
Ausreichend zu Trinken ist ganz besonders wichtig für das cholerische Temperament – gerade bei heißen Temperaturen. Eventuell wirkt es sich aber positiv auf deine Verdauung aus, wenn du vor und nach dem Essen eine halbe Stunde verstreichen lässt, bevor du etwas trinkst.
Achte besonders auf dein Bauchgefühl. Spürst du ein Ziehen, ein Brennen, eine Unruhe nach dem Essen? Dann ist dein Körper vielleicht aus dem Gleichgewicht. Die TEM sieht solche Signale als wertvolle Hinweise.
Lust die Therapien der TEM auszuprobieren?
7. Bewegung hält das Feuer am Leben
In der Arbeit wie im Sport zeigt die Choleriker:In gern ihre Fähigkeiten und spielt mit ihrer Kraft. Wettkämpfe entsprechen ihr und sie sucht immer wieder neue Herausforderungen. Der Anteil an cholerischen Temperamenten, die im Triathlon, beim Marathon, beim Bergsteigen und vor allem bei Extremsportarten anzutreffen sind, dürfte recht hoch sein.
Zum Ausgleich der hohen Intensität empfehlen sich folgende Sportarten:
- Reiten
- Wanderungen in der Natur
- Körpersensibilisierung und Mobilisation zur Verletzungsprävention vor jedem Training
- Bogenschießen
8. Impuls zum Selbst-Erspüren: Deine innere Balance finden
Hier ein kleiner Impuls für deinen Alltag – du brauchst nur 5 Minuten.
Anleitung:
- Setz dich bequem hin.
- Schließe die Augen.
- Atme tief durch die Nase ein.
- Stell dir vor, du atmest kühles, beruhigendes Licht ein.
- Beim Ausatmen lässt du Anspannung los – wie Rauch, der aus deinem Körper entweicht.
- Spüre nach: Wo sitzt die Hitze? Im Kopf? In der Brust?
- Schenke dieser Stelle deine Aufmerksamkeit. Atme dorthin.
Wiederhole diese Übung regelmäßig. Sie hilft dir, dich selbst besser zu spüren. So erkennst du früher, wann dein Temperament aus dem Gleichgewicht gerät – und kannst liebevoll gegensteuern.
8. Zusammenfassung
Choleriker:innen tragen eine besondere Energie in sich. Sie können viel erreichen, Menschen führen, Ideen verwirklichen. Doch dafür brauchen sie Ausgleich, Ruhe und achtsame Selbstfürsorge.
Wenn du dich in diesem Temperament wiedererkennst, nimm dich liebevoll an. Du musst dich nicht ändern – aber du darfst lernen, mit deiner Energie weise umzugehen.
Die TEM bietet dir dafür einfache, aber wirksame Wege:
- über Ernährung,
- über bewusste Lebensführung,
- und über das Wieder-Verbinden mit dir selbst.
Denk daran: Dein Feuer ist ein Geschenk. Es darf brennen – aber nicht ausbrennen. Sorge für Ausgleich, und dein inneres Licht wird dich lange leuchten lassen.