Eigenschaften, Ernährung & Balance
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Einleitung
Laut der Traditionellen Europäischen Medizin (TEM) hat alles ein Temperament: die Jahreszeiten, die Tageszeiten, das Lebensalter, Lebensmittel und natürlich auch wir Menschen! Dieses Temperament hat Einfluss auf unser Verhalten, unsere Vorlieben, unser Äußeres. Und wird von unserer Umwelt und unseren Erlebnissen beeinflusst. Ebenso wie es beeinflusst, wie wir auf die unterschiedlichsten Reize reagieren (können).
Es sind vier Typen zu unterscheiden:
- Die Sanguiniker:In
- Die Choleriker:In
- Die Melancholiker:In
- Die Phlegmatiker:In
Im heutigen Sprachgebrauch sind die letzten drei Genannten noch bruchstückhaft erhalten geblieben. Doch wie so oft vor allem ihre als negativ bewerteten Aspekte. Wer will schon gern als Choleriker:In gesehen werden?
Uta Anna Weese beschreibt in ihrem Buch “Ernährung und Temperament”, dass eine einzelne Eigenschaft oder ein einzelnes Verhalten diagnostisch nicht maßgeblich sein kann. Das Temperament ist lediglich ein Teilaspekt der Persönlichkeit. Eigenschaften könnten daher als “statistische Wahrscheinlichkeiten” einzelner Temperamente gesehen werden. Wahrscheinlichkeiten, die von meinem Leben beeinflusst werden. Wir sind also nicht komplett eingeschränkt und unfähig zur Veränderung. Die Typenlehre der TEM kann uns jedoch unterstützen, uns und unsere Reaktionen besser zu verstehen. Und schließlich auch besser für uns zu sorgen.
Wir alle tragen Eigenschaften von allen Temperamenten in uns – manche mehr, manche weniger. Verstärkt werden können diese von den Jahreszeiten, dem Lebensalter und allen anderen inneren und äußeren Einflüssen. Lerne dich selbst und deine Mitmenschen in dieser vierteiligen Artikelreihe zur Temperamentelehre der TEMbesser kennen.
Lass uns – passend zum Frühling – mit dem unbekanntesten Typen beginnen: der Sagnuiniker:In.
Wie können Sanguiniker:Innen ihr Erspüren verfeinern, um ihre Gesundheit präventiv zu unterstützen? In diesem Artikel tauchen wir tief in die Welt der sanguinischen Konstitution ein und ich gebe praktische Tipps zur Selbstwahrnehmung und Regulation.

Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet es, eine Sanguiniker:In zu sein?
- Die Eigenschaften des sanguinischen Temperaments
- Die Bedeutung des Erspürens für die Gesundheit
- Balance und Selbstregulation: Was Sanguiniker:Innen brauchen
- Berufswahl: Welche Tätigkeiten passen zum sanguinischen Temperament?
- Herausforderungen des sanguinischen Temperaments
- Impuls zum Selbst-Erspüren: Die morgendliche Vitalisierung
- Fazit: Die Expert:In des eigenen Körpers werden
1. Was bedeutet es, eine Sanguiniker:In zu sein?
Lebendig, optimistisch, voller Energie – so zeigt sich das Temperament der Sanguiniker:In in der TEM. Menschen dieses Temperaments sind oft spontan, kommunikativ und begeisterungsfähig.
Menschen mit diesem Temperament besitzen eine natürliche Lebendigkeit und sind oft verspielt und bewegungsfreudig. Ihre Energie fließt nach außen, sie sind offen für neue Erfahrungen und lieben soziale Interaktionen. Doch diese Dynamik birgt auch Herausforderungen: Eine zu hohe Reizempfänglichkeit oder unregulierte Impulse können zu Unruhe, Nervosität oder Schlafstörungen führen.
Wenn die feinste Erscheinungsform des Wassers und die lockerste Form des Feuers im menschlichen Körper eine Mischung eingehen, so bewirkt das die gesündeste Körperverfassung und zwar aus folgendem Grund: Bei den größten Witterungswechseln des Jahres wird keines von beiden bis zum äußersten Grad getrieben, weder das Wasser bis zur größten Dichte bei Zufuhr von Wasser, noch des Feuers bei der des Feuers, auch nicht beim Wechsel der Altersstufen, ebenso wenig bei einem Wechsel der Lebensführung hinsichtlich der Speisen und Getränke. Beide Grade können nämlich die größte Entwicklung und die größte Anfüllung annehmen. – Corpus Hippocraticum Zitiert nach Broy in Weese 2020, S. 47
Das sanguinische Temperament zeigt sich mit warm-feuchten Qualität: es bringt damit die idealen Voraussetzungen für das volle, pralle Leben mit sich. Ausreichend Energie und auch die passenden Ressourcen, um diese einzusetzen. Das sanguinische Temperament ist in der TEM mit dem Element Luft verbunden. Sie verkörpern daher im Besonderen ihre Wärme, Leichtigkeit, Beweglichkeit und Veränderungsfreude.
Damit ist die sanguinischste aller Jahreszeiten der Frühling: Alles sprießt, wächst und ist für das neue Jahre bereit. Auch der Morgen stärkt die sanguinische Kraft – und damit die Himmelsrichtung Osten. Die Lebensphase, welche die sanguinischen Tendenzen in allen Menschen am meisten hervorholt ist die Kindheit und die Jugend. Wir erfahren voll Neugierde diese Welt und probieren uns aus.
2. Die Eigenschaften des sanguinischen Temperaments
So sind auch die typische Charaktereigenschaften von Sanguiniker:Innen bei Kindern noch gehäufter zu finden:
- Lebendig und kommunikativ
- Spontan und begeisterungsfähig
- Optimistisch und gesellig
- Schnell im Denken und Handeln
- Reaktionsfreudig, aber auch leicht ablenkbar
- teamorientierter Familienmensch
- breites Interessenspektrum
Würde man eine stereotype Sanguiniker:Innen zeichnen wollen, so zeigen sich ausgewogene, weiche Proportionen. Der Körper gestaltet sich birnen- oder sanduhrfömig. In den eleganten Gesichtszügen finden sich weiche, lächelnde Lippen mit einer dominanten Oberlippe. Umrahmt wird das Gesicht von vollem, kräftigem Haar. Die Haut ist warm und rosig. Vielleicht ein wenig zum leicht Fettigen neigend. Der kräftige Händedruck ist warm und leicht feucht, die Finger werden zu den Spitzen hin schmaler.
Gesundheitsrisiken:
- Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen
- grundsätzlich stabile Gesundheit
- Tendenz zu akuten, kurzzeiten Beschwerden aufgrund effizienter Abwehrreaktino
- Entzündliche Prozesse
- Erkrankungen der Atemwege
- Stoffwechselentgleisungen (Cholesterin, Blutfette, Gicht)




3. Die Bedeutung des Erspürens für die Gesundheit
Sanguiniker:Innen sind stark auf ihr Umfeld abgestimmt, nehmen Stimmungen und Atmosphären schnell wahr. Sie sind neugierig und voll begeistertem Interesse. Doch gerade diese Sensibilität erfordert ein bewusstes Erspüren des eigenen Körpers. Wer sich selbst gut spürt, kann Frühzeichen von Ungleichgewichten erkennen und gezielt ausgleichen.
Warum ist Erspüren wichtig?
- Es hilft, Überreizung rechtzeitig zu erkennen.
- Es unterstützt die Fähigkeit zur Selbstregulation.
- Es fördert einen bewussten Umgang mit Bewegung, Ernährung und Ruhephasen.
Daher sind die folgenden Punkte als Impulse zu verstehen. Fühlst du dich rundum pudelwohl ist ein Eingreifen ohnehin nicht nötig. Bist du aus der Balance geraten und hast Beschwerden: lass dich inspirieren. Das jahrhundertealte Erfahrungswissen der TEM zeigt, dass diese Empfehlungen Sanguiniker:Innen im Allgemeinen unterstützen können. Spüre in dich selbst hinein und überprüfe, ob dies auch für dich zutrifft. Es sind keine Dogmen, an die du dich starr halten sollst. Beachte deine eigenen Vorlieben, deine Allergien und deine Möglichkeiten.
Ich bin grundsätzlich der Überzeugung, dass jede Person ganz intuitiv für sich selbst sorgen kann und keine Vorgaben von außen braucht. Wir sind auch insgesamt viel zu rebellisch, um uns irgendetwas vorschreiben zu lassen, was nicht unserem inneren Antrieb entspricht.
5. Balance und Selbstregulation: Was Sanguiniker:Innen brauchen
Nährende Rituale:
- Regelmäßige Mahlzeiten: Struktur hilft, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Und bei den zahlreichen Aktivitäten kann bei fehlender Planung das Essen sonst schon mal vergessen werden – oder der Hunger wird allzu häufig mit schnell Verfügbarem gestillt.
Die Vielfalt einer einzelnen Mahlzeit sollte nicht übertrieben werden, um Überreizung zu vermeiden. Ein Degustationsmenü sollte daher etwas Besonderes bleiben. Es dürfen allerdings alle Sinne angesprochen werden – das Auge isst schließlich mit. Und so entspricht auch ein ansprechend gedeckter Tisch und fein angerichtete Speisen dem ästhetischen Anspruch der Sanguiniker:In.
- Kühlende und befeuchtende Ernährung: übermäßig scharfe oder stark erhitzte Speisen könnten – vor allem in der warmen Jahreszeit – schlechter vertragen werden. Hier können sowohl die Auswahl der Nahrung, als auch deren Zubereitung genutzt werden, um einen Ausgleich zu schaffen.
- Sanfte Bewegung: Spielerische Sportarten wie Tanzen oder Ballsport – vielleicht nicht unbedingt Rugby – bringen Freude ohne Überlastung. Dabei wird der Spaß am Teamsport befriedigt und ein Auspowern ermöglicht.
- Ruhepausen: Auch wenn es schwerfällt, sind Phasen der Entspannung essenziell. So bleiben die Energieressourcen langfristig erhalten und werden nicht verbrannt.
- Impulse zur Orientierung: Es geht darum ausreichend Freiraum zur Entfaltung zu bewahren und gleichzeitig eine stützende Grenze zu schaffen. Bei so viel Unternehmungslust und Energie kann eine Begrenzung den Fokus unterstützen. Vielleicht gibt es eine Person, die dir als Vorbild dient? Oder ein Coaching käme in Frage?
Das Motto bei Sanguiniker:Innen lautet: Hauptsache abwechslungsreich. Und das gilt idealerweise auch für die Ernährung. Als neugierige Gourmets erkunden sie die kulinarische Welt. Gut tun ihnen vor allem grünes Blattgemüse (Mangold, Löwenzahn), Gurken, Zucchini, Wurzelgemüse, Brombeeren. Mittags und vor allem im Sommer gelüstet ihnen auch gerne mal nach Rohkost oder einem vielfältigen Salat. Meist mit einer guten Verdauung ausgestattet, genießen sie Hülsenfrüchte wie Linsen und vor allem auch Reis, (Braun-)Hirse und Roggen. Zum Knabbern gibt es Mandeln und Walnüsse und gewürzt wird mit Muskat und Pfeffer. Wasser und im Sommer mal eine leichte Weinschorle stillen den meist mäßigen Durst.
Sucht eine Sanguiniker:In im eigenen Garten nach Unterstützung freut sie sich am Borretsch: das von Bienen geliebte Kraut soll mit seinem gurkenähnlichen Geschmack Ruhe und Klarheit bringen. Auch die Melisse beruhigt im Tee ebenso wie die Schafgarbe und soll das Nervensystem regulieren.
Auf mögliche negative Wirkungen achtsam überprüft werden können vor allem:
- umfassender Fleischkonsum
- Stark erhitzende Speisen wie frittierte Gerichte, scharfe und reizende Gewürze
- Übermäßiger Kaffeekonsum (fördert innere Unruhe) und Alkohol
Lust die Therapien der TEM auszuprobieren?
6. Berufswahl: Welche Tätigkeiten passen zum sanguinischen Temperament?
Sanguiniker:Innen werden motiviert von ihrer Entdeckungsfreude, Kooperationsmöglichkeiten und einer möglichst freien Lebens- und Berfusgestaltung. In Teams überzeugen sie mit ansteckender Begeisterung und ihre spielerische Art verleiht ihnen eine natürliche Autorität. Sie bevorzugen eher flache Hierarchien, agieren diplomatisch und es mangelt ihnen nicht an Durchsetzungsvermögen. Konflikte suchen sie nicht aktiv, scheuen sie jedoch nicht. Sie sind dabei aber auch nicht nachtragend. Stupides Auswendiglernen ist nicht ihre Sache. “Thinking outside the box” könnte ihr Motto sein.
Beispielhafte Berufsfelder:
- Berufe mit viel Bewegung: Reiseleiter:in, Sporttrainer:in
- Kreative Berufe: Schauspiel, Musik, Design, Werbung
- Soziale Berufe: Lehrer:in, Moderator:in, Coach, Eventmanager:in
- Handel & Kommunikation: Vertrieb, PR, Marketing
6. Herausforderungen des sanguinischen Temperaments
Gäbe es ein Temperament, das die meisten gerne hätten, so ist es dasjenige der Sanguiniker:In. Doch alles hat seine Vor- und Nachteile und so auch dieser robuste Typus. Kommt es doch auch zu Schwierigkeiten, sich langfristig auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Die schnelle Ablenkbarkeit führt häufig zum Beginn von Projekten, die keinen Abschluss finden. Nicht weil keine Energie mehr da wäre, sondern weil etwas anderes schlicht interessanter wurde. Und ist die Übermotivation dann auch noch zu groß, führt die Begeisterung schnell zur Erschöpfung. (Manch eine Leser:In mag jetzt bestimmte Krankheitsbilder denken – Persönlichkeitsmerkmale in ihrer Extremform haben häufig einen pathologischen Charakter. Aber nicht jede kleine Chaot:In braucht eine Diagnose.)
Auch sorgt die hohe Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen mitunter zu Reizüberflutungen. Extremsportarten, Motorsport, luftige Höhen – Abenteuerlust und Neugierde bringen so manche Person an und über ihre eigenen Grenzen. Eine ausgeprägte Risikolust birgt auch erhöhtes Verletzungsrisiko.
Und übertreibt es das sanguinische Temperament so kehrt es auch die unangenehmener Charakterzüge hervor. Und so wird die charmante, kindische Person plötzlich übermäßig eitel, unzuverlässig und gleichgültig gegenüber den Meinungen der Umgebung.
7. Impuls zum Selbst-Erspüren: Die morgendliche Vitalisierung
Doch den Herausforderungen kann angemessen begegnet werden, wenn ich mich selbst gut kenne. Ein bewusster Start in den Tag hilft Sanguiniker:Innen, ihre Energie zu kanalisieren.
So geht’s:
- Tau- und Schneetreten: Einmal barfuß durch den Garten oder auf den Balkon.
- Wechseldusche: Beginne warm und schließe mit kühlem Wasser ab.
- 3-Minuten-Atemübung: Atme tief ein und aus, um den Geist zu fokussieren.
- Bewusstes Frühstück: Nimm dir Zeit, ohne Ablenkung.
8. Zusammenfassung: Die Expert:in des eigenen Körpers werden
Sanguiniker:Innen sind voller Lebensfreude und Energie. Doch um langfristig gesund zu bleiben, ist es wichtig, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und bewusst für Balance zu sorgen. Durch ein verfeinertes Erspüren kann jede:r lernen, die eigene Gesundheit aktiv zu unterstützen.
Die ausufernde Unternehmungslust bringt umfassende neue Erfahrungen. Routinen zu etablieren ermöglicht dabei verlässliche Strukturen und hilft bei der Fokussierung. Die innere Unruhe lenkt manchmal vom eigenen Körperbewusstsein ab: Meditation und sanfte Bewegung können die Zentrierung fördern. Und ganz wichtig: bewusst Pausen einplanen. So kann eine Reizüberflutung am besten vermieden werden.

Spür mal drüber nach – erkennst du dich in der Sanguiniker:In wieder?