Die 4 Temperamente: Die Melancholiker:In in der Traditionellen Europäischen Medizin
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Einleitung
Vielleicht hast du schon viele Ratgeber gelesen, Diäten ausprobiert oder dich gefragt, warum dir gewisse Dinge nicht gut tun, obwohl sie doch allgemein als gesund gelten. Vielleicht spürst du manchmal, dass du mehr Ruhe brauchst, oder dass dich bestimmte Gedanken tiefer beschäftigen als andere Menschen in deinem Umfeld.
All das kann ein Hinweis auf deine persönliche Konstitution sein. Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) ist ein jahrhundertealtes Wissen, das dir helfen kann, dich selbst besser zu verstehen. In diesem Beitrag wirst du eingeladen, dich selbst achtsam zu erkunden und zu lernen, was du wirklich brauchst. Denn du bist einzigartig. Und je klarer du dir über dein Wesen bist, desto besser wirst du auch für dich sorgen können.

Inhaltsverzeichnis
- Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) – Eine ganzheitliche Betrachtung
- Temperamente in der TEM: Wer bin ich und was brauche ich?
- Der melancholische Temperamentstyp
- Ernährung und Lebensweise für Melancholiker:Innen
- Ästhetische Bewegung
- Sanfte Therapien
- Impuls zum Selbst-Erspüren: Eine Übung zur Körperwahrnehmung
- Zusammenfassung
1. Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) – Eine ganzheitliche Betrachtung
Die TEM betrachtet den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele. Sie ist tief verwurzelt in der antiken Humoralmedizin, die von vier Körpersäften ausgeht: Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle. Diese vier Humores (Säfte) stehen symbolisch für die vier Temperamente: sanguinisch, phlegmatisch, cholerisch und melancholisch.
Wenn die Säfte im Gleichgewicht sind, fühlt sich der Mensch gesund. Doch Ungleichgewichte können sich als Beschwerden oder seelische Herausforderungen zeigen. Die TEM will nicht Symptome bekämpfen, sondern das innere Gleichgewicht fördern. Dabei steht das eigene Spürbewusstsein im Mittelpunkt: Wie geht es mir gerade wirklich? Was brauche ich heute?Text
2. Temperamente in der TEM: Wer bin ich und was brauche ich?
Jeder Mensch trägt alle vier Temperamente in sich. Doch oft ist eines davon besonders ausgeprägt. Diese Prägung zeigt sich in der Art zu denken, zu fühlen und zu handeln. In der TEM wird das Temperament nicht als Schublade verstanden, sondern als liebevolle Einladung zur Selbsterkenntnis.
Die vier Temperamente im Überblick:
- Sanguiniker:in: lebensfroh, spontan, kommunikativ
- Choleriker:in: energisch, zielgerichtet, durchsetzungsstark
- Phlegmatiker:in: ruhig, geduldig, genießerisch
- Melancholiker:in: tiefgründig, strukturiert, empfindsam
In diesem Beitrag widmen wir uns besonders der melancholischen Konstitution.

3. Der melancholische Temperamentstyp
Die Melancholiker:in ist verbunden mit dem Element Erde. Ihre Qualitäten sind kalt und trocken. Das heißt nicht, dass sie unterkühlt oder hart ist, sondern dass sie zu innerer Sammlung, Ernsthaftigkeit und Struktur neigt.
Übertragen wir diese grundlegenden Eigenschaften auf äußerliche Merkmale so könnte die typische Melancholiker:In folgendermaßen beschrieben werden: schlank und sehnig tendiert sie zu Zierlichkeit mit schmalen Hüften und Schultern. Die Muskulatur ist wenig stark ausgeprägt und die markante Nase sitzt über einem fliehenden Kinn. Der feine Knochenbau zeigt sich auf in den schmalen Fingern. Die Lippen sind zart mit einer leicht dominierenden Unterlippe.
Optische Eigenschaften
- kalte, trockene Haut
- deutliche Wangenknochen
- weniges, glattes, aber dickes Haar
- spitze Finger mit zartem Griff
Das Element Erde verwurzelt uns. Es gibt uns Stabilität und Grenzen. Es sorgt dafür, dass es nicht zu Ausuferungen und extremen Exzessen kommt. Zu viel Hitze und zu viel Feuchtigkeit bedeuten überschäumende Energie und unerschöpfliche Ressourcen. Gleichzeitig können sie aber auch Verbrennungen und Ertrinken bedeuten. Vor genau solchem Übermaß kann das melancholische Temperament in uns Schutz bieten.
In einer Welt die zu übermäßigem Wachstum und stetiger Weiterentwicklung auffordert. Ständigem Tun, einem immer weiter und schneller ruft. Kann dieses Temperament der Gesellschaft Halt geben und zum Nachdenken aufrufen.
Melancholiker:Innen in entscheidenden Positionen zu sehen bringt eine überlegte, analytische und inspirierende Perspektive ins Team. Manchmal brauchen sie dafür aber eine besondere Einladung. Tendieren sie doch vielmehr beobachtende Einzelgänger:Innen zu sein.
Weitere typische Charaktereigenschaften:
- Tiefsinnig und reflektiert
- Empfindsam und fein wahrnehmend
- Detailverliebt und strukturiert
- Gewissenhaft und verantwortungsvoll
Manchmal verliert sich die Melancholiker:In jedoch in ihrer Gedankenwelt und ihren Recherchen. Sie sieht das große Ganze und nicht zuletzt heute kann dies zu Stillstand aufgrund von Angst führen. Nimmt Kälte und Trockenheit ein Übermaß an, fehlt es an Beweglichkeit. Und so kommen die ausführlich erarbeiteten Pläne nicht in die Umsetzung.
Herausforderungen:
- Tendenz zu körperlicher Trockenheit (z. B. trockene Haut, Verstopfung)
- Neigung zu Ängstlichkeit oder Sorgen
- Hang zur Selbstkritik oder zum Zweifeln

„Der Melancholiker trägt in sich die Fähigkeit zu tiefer Erkenntnis und sorgfältiger Unterscheidung. Seine Natur ist ernst, zurückhaltend und zur Einsicht neigend. Doch wenn er nicht lernt, sich von dunklen Gedanken zu befreien, kann diese Gabe zur Last werden. Es ist daher die Aufgabe des Heilkundigen, nicht nur den Körper, sondern auch die Gemütsbewegung zu pflegen, damit die Seele nicht in ihrer eigenen Tiefe ertrinkt.“ – Galen, „De temperamentis“
Steigern sich die Herausforderungen, können folgende Erkrankungen auftreten, die alle von Kälte und Trockenheit geprägt sind:
- chronische Krankheitsverläufe
- Depression
- Stauungen der Ausscheidungsorgane
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Magersucht
- erhöhte Infektanfälligkeit
Wenn du dich in diesen Beschreibungen wiederfindest, dann trägst du vermutlich viele melancholische Qualitäten in dir.
4. Ernährung und Lebensweise für Melancholiker:Innen
Melancholiker:Innen neigen eher dazu zu wenig zu essen. Ihr Appetit ist wenig ausgeprägt und große Mahlzeiten lehnen sie eher ab. Sie sind das Temperament das am ehesten von häufigeren, kleineren Mahlzeiten profitiert. Andernfalls könnte die Substanz auch mal fehlen. Unser Gehirn, welches diese Temperament ausnehmend beansprucht, hat schließlich einen hohen Energiebedarf und muss zuerst versorgt werden.
Die mangelnde Feuchtigkeit zeigt sich häufig auch bei der Verdauung. Nicht selten ist der Stuhlgang schwerfällig, trocken und selten. Gerade hier unterstützt eine befeuchtende Ernährung, die aber nicht zu schwer ist.
Hauptansatzpunkte bei der Ernährungstherapie bei einem Ungleichgewicht des Temperamentes sind ganz klar: Feuchtigkeit und Wärme. Soßen, Dämpfen oder Kochen mit Wasser, erwärmte, stark nährend Speisen sind unterstützend. Ausgewogene Fette aus Fisch und hochwertigen Ölen sind dem Körper auch willkommen.
Geeignete Lebensmittel:
- Warme Eintöpfe mit Ölen
- Suppen mit Wurzelgemüse
- Gewürze wie Ingwer, Galgant und Nelke
- Öle wie Sesam- oder Mandelöl
- frisches, süßes und leicht gedünstetes Obst
- besonders empfehlenswert sind rote Beete und Bitterstoffe
- Honig & Mandeln
Die Sensibilität des Verdauungstraktes macht mitunter Probleme beim Verzehr von lang gereiften Lebensmitteln, besonders Trockenem oder Kaltem sowie Rohkost.
Da Trinken häufig vergessen wird ist es angemessen sich die benötigte Trinkmenge (ca. 35ml / kg / d) bereits morgens bereit zu stellen.
- warme Getränke mit Honig
- temperiertes, stilles Wasser
- stark verdünnte Obstsäfte
- dünne Kräutertees
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5. Ästhetische Bewegung
Die Feinheit des Geistes zeigt sich auch in den bevorzugten Sportarten: auch hier darf es ästhetisch zugehen. Motivation ist häufig weniger vorhanden, kann aber auch Überhand nehmen.
- Ballett
- Bogenschießen
- Wandern
Gerade beim Tanzen und Reiten kann das Temperament mehr in den Fluß kommen und Wärme aufbauen. Besonders empfehlenswert ist Bewegung an der frischen Luft beim Folgen, Bergwandern, Minigolf.
Wichtig ist ausreichend warme Kleidung, um den negativen Einflüssen von kaltem Wind angemessen begegnen zu können und etwas (warmes) zu Trinken dabei zu haben.
6. Sanfte Therapien
Logischerweise profitiert das melancholische Temperament von Wärme und Feuchtigkeit. Therapien sollten jedoch sachte und langfristig vor sich gehen. Die erhöhte Sensibilität reagiert allergisch auf zu intensive und spontane Impulse. Veränderungen und starke Reize sind deutliche Störfaktoren für die Melancholiker:In. Schwarzgallige Erkrankungen (die nicht nur bei Melancholiker:Innen auftreten) tendieren zur Chronifizierung und brauchen am längsten, um auszuheilen.

Bedürfnisse:
- Wärme, sowohl körperlich als auch emotional
- Feuchtigkeit, etwa durch ölige Massagen oder warme Suppen
- Sicherheit und eine liebevolle Struktur im Alltag
- Anerkennung für ihre Tiefe und Ernsthaftigkeit
Körperpflege und Anwendungen:
- Ölmassagen mit Melisse oder Rosengeranie
- Leberwickel mit Wärme
- Fußbäder mit Heublumen oder Zitronenmelisse
Lebensstil-Tipps:
- Frühzeitig Grenzen wahrnehmen und liebevoll setzen
- Täglich etwas Zeit in der Natur verbringen
- Kreativer Ausdruck: Malen, Schreiben, Musik
- Kulturelle Aktivitäten
- Soziale Kontakte pflegen, aber auch Rückzugszeiten achten
7. Impuls zum Selbst-Erspüren: Eine Übung zur Körperwahrnehmung
Diese kleine Übung kannst du jederzeit machen, besonders wenn du dich erschöpft oder innerlich unruhig fühlst:
- Setze oder lege dich bequem hin.
- Schließe deine Augen und atme tief ein und aus.
- Stelle dir vor, deine Füße sind wie Wurzeln, die tief in die Erde wachsen.
- Mit jedem Atemzug fließt Wärme von unten nach oben durch deinen Körper.
- Spüre die Verbindung zur Erde, zur Ruhe, zur Stabilität.
- Bleibe einige Minuten in dieser Vorstellung.
- Bewege dich dann sanft, dehne dich und kehre langsam in deinen Alltag zurück.
Diese Übung hilft dir, dich zu erden und in deine Mitte zu kommen.
8. Zusammenfassung: TEM als ganzheitlicher Ansatz zur Selbstwahrnehmung
Die TEM ist eine Einladung zur Selbstwahrnehmung. Wenn du dich als melancholische Person wiedererkennst, darfst du dich in deiner Tiefe und Ernsthaftigkeit anerkennen. Du brauchst Wärme, Struktur und Ausdruck. Du darfst lernen, dass dein Tempo, dein Blick und dein Erleben wertvoll sind.
Melancholiker:Innen haben oft ein starkes Innenleben. Sie denken viel nach, analysieren genau, fühlen tief. Das kann zur Quelle großer Weisheit werden – aber auch zu innerer Erschöpfung führen, wenn der Ausgleich fehlt. Gerade für diese Konstitution ist es wichtig, das Spürbewusstsein zu trainieren:
- Was brauche ich gerade wirklich?
- Wo geht meine Energie verloren?
- Was gibt mir Kraft und Freude?
Es geht nicht darum, ständig alles zu hinterfragen, sondern liebevoll zu beobachten. Kleine Rituale, wärmende Speisen, kreative Ausdrucksformen oder Spaziergänge können helfen, sich wieder mit sich selbst zu verbinden.
Mit Hilfe der TEM kannst du Werkzeuge finden, die dir guttun: in der Ernährung, in der Bewegung, in der Lebensweise. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, dich selbst liebevoll zu begleiten. Jeden Tag ein bisschen mehr.
Spür mal drüber nach.
